Anko Itosu, Oktober 1908

        Karate hat sich nicht aus dem Buddhismus oder Konfuzianismus entwickelt. In der Vergangenheit wurden die Shorin-ryu-Schule und die Shorei-ryu-Schule aus China nach Okinawa gebracht. Beide Schulen haben ihre Stärken, die ich nun erwähnen möchte, bevor es zu viele Veränderungen gibt:

  1. Karate wird nicht nur zum eigenen Vorteil praktiziert, sondern auch zum Schutz der Familie oder des Meisters. Es ist nicht dazu gedacht, gegen einen einzelnen Angreifer eingesetzt zu werden, sondern um einen Kampf zu vermeiden, sollte man mit einem Schurken oder Raufbold konfrontiert werden.
  2. Der Zweck von Karate ist es, die Muskeln und Knochen hart wie Stein zu machen und die Hände und Beine als Speere zu benutzen. Wenn Kinder schon in der Grundschule mit dem Training im Tang Te[1] beginnen, dann sind sie für den Militärdienst gut geeignet. Erinnern Sie sich an die Worte, die dem Herzog von Wellington zugeschrieben werden, nachdem er Napoleon besiegt hatte: „Die Schlacht von Waterloo wurde auf den Spielfeldern von Eton gewonnen.“
  3. Karate kann nicht schnell erlernt werden. Wie ein sich langsam bewegender Stier, legt es schließlich tausend Meilen zurück. Wenn man jeden Tag fleißig trainiert, dann wird man in drei oder vier Jahren Karate verstehen lernen. Wer auf diese Art und Weise trainiert, wird Karate entdecken.
  4. Im Karate ist das Training der Hände und Füße wichtig, deshalb muss man gründlich auf dem Makiwara trainiert werden.[2] Um das zu tun, lassen Sie die Schultern fallen, öffnen Sie Ihre Lungen, nehmen Sie Ihre Kraft zusammen, greifen Sie mit den Füßen den Boden und versenken Sie Ihre Energie in den Unterbauch. Üben Sie mit jedem Arm ein- bis zweihundertmal am Tag.
  5. Wenn man die Stellungen des Tang Te übt, sollte man darauf achten, den Rücken gerade zu halten, die Schultern zu senken, die Kraft in die Beine zu legen, fest zu stehen und die Energie in den Unterbauch zu versenken.
  6. Üben Sie jede der Techniken des Karate wiederholt, deren Anwendung durch Mundpropaganda weitergegeben wird. Lernen Sie die Erklärungen gut, und entscheiden Sie, wann und auf welche Weise Sie sie bei Bedarf anwenden. Eintreten, kontern, loslassen ist die Regel der loslassenden Hand (torite).
  7. Sie müssen sich entscheiden, ob Karate für Ihre Gesundheit oder zur Unterstützung Ihrer Pflicht ist.
  8. Wenn Sie trainieren, tun Sie es so, als ob Sie auf dem Schlachtfeld wären. Ihre Augen sollten blitzen, die Schultern fallen und der Körper sich verhärten. Sie sollten immer mit Intensität und Geist trainieren, und auf diese Weise werden Sie natürlich bereit sein.
  9. Man darf nicht übertrainieren; dadurch verlieren Sie die Energie in Ihrem Unterbauch und schaden Ihrem Körper. Ihr Gesicht und Ihre Augen werden sich rot färben. Trainieren Sie weise.
  10. In der Vergangenheit haben sich die Meister des Karate eines langen Lebens erfreut. Karate hilft bei der Entwicklung der Knochen und Muskeln. Es hilft der Verdauung sowie dem Kreislauf. Wenn Karate schon in den Grundschulen eingeführt wird, dann werden wir viele Männer hervorbringen, die jeweils zehn Angreifer besiegen können. Ich glaube außerdem, dass dies erreicht werden kann, indem alle Studenten am Okinawa Teachers‘ College Karate üben. Auf diese Weise können sie nach ihrem Abschluss an den Grundschulen unterrichten, an denen sie unterrichtet worden sind. Ich glaube, dass dies ein großer Nutzen für unsere Nation und unser Militär sein wird. Ich hoffe, Sie werden meinen Vorschlag ernsthaft in Erwägung ziehen.